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Neue Lektionen von einem alten Meister

Wachstumsfaktor-Signalisierung über die Phosphoinositid-abhängige Kinase 1 (PDK1). PDK1 (blau) befindet sich in einer autoinhibierten Konformation im Zytosol, die durch die wachstumsfaktorinduzierte Produktion des Lipid-Second-Messengers PIP3 (rot) durch PI3K (grün) zur Plasmamembran gelenkt wird. Die PIP3-vermittelte Dimerisierung von PDK1 führt zu seiner Autophosphorylierung in trans und zur anschließenden Phosphorylierung nachgeschalteter Substrate wie Akt (lila). (c) Art&Science - Dorotea Fracchiolla www.my-art-science.com
Die 3-Phosphoinositid-abhängige Kinase 1 (PDK1) ist eine wichtige Proteinkinase, die an Wachstum, Überleben und Proliferation beteiligte Signalwege reguliert. Sie wird oft als 'Masterkinase' bezeichnet und steuert die Aktivität von bis zu 23 weiteren nachgeschalteten Kinasen. Ob ihre eigene Aktivität reguliert wird, ist jedoch umstritten. Das Labor von Thomas Leonard hat nun den Mechanismus der Aktivierung von PDK1 aufgeklärt. Ihre in Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass signalgebende Lipide die Selbsthemmung von PDK1 aufheben, was seine Dimerisierung und Aktivierung an der Membran ermöglicht.

Jede Zelle eines multizellulären Organismus ist Hunderten von externen Signalen ausgesetzt, die selektiv in entsprechende zelluläre Reaktionen umgesetzt werden, so dass sich der Organismus an seine sich verändernde Umwelt anpassen kann. Die wichtigsten Übermittler dieser Signale sind Proteinkinasen, Enzyme, die Signale durch Phosphorylierung nachgeschalteter Ziele weiterleiten. Der PI3K-Signalweg, der als Reaktion auf extrazelluläre Wachstumsfaktoren initiiert wird, steuert das Zellwachstum und die Zellproliferation und ist bei Krebs häufig mutiert. Innerhalb des PI3K-Signalwegs wird die Kinase PDK1 oft als 'Masterkinase' bezeichnet, da sie die Aktivität so vieler nachgeschalteter Signalwege reguliert. "In der Forschung ging man davon aus, dass PDK1 grundsätzlich aktiv ist, was eigentlich schädlich für die Zelle wäre", sagt Aleksandra Levina, die Erstautorin der Studie. "Wenn man die Kinase im aktiven Zustand frei zirkulieren lässt, entkoppelt man sie nicht nur vom auslösenden Signal, sondern erhöht auch das Risiko, dass sie unerwünschte Ziele phosphoryliert". Dieser offensichtliche Widerspruch veranlasste die Wissenschaftler:innen zu der Frage, wie PDK1 die Signalübertragung von Wachstumsfaktoren in einer verrauschten zellulären Umgebung mit hoher Zuverlässigkeit durchführt.

Die Forscher:innen stellten die PDK1-Aktivierung biochemisch wieder her und zeigten, dass sie auf die Zellmembranen beschränkt ist. Sie stellten fest, dass PDK1 in Abwesenheit von Wachstumsfaktoren in der Zelle in einer selbsthemmenden Konformation existiert. Sobald der Signalweg ausgelöst wird, werden in der Membran Signallipide, so genannte Phosphoinositide, produziert. PDK1 enthält eine PH-Domäne, die diese Lipide erkennt, insbesondere Phosphatidylinositol-3,4,5-Trisphosphat (PIP3) und Phosphatidylinositol-3,4-Bisphosphat PI(3,4)P2. Das Team zeigte, dass die Bindung von PIP3 die Selbsthemmung von PDK1 aufhebt, was eine Dimerisierung der Kinase an der Membran und eine schalterartige Aktivierung ermöglicht. "Die Natur hat exquisite Mechanismen entwickelt, um sicherzustellen, dass Signale sowohl räumlich als auch zeitlich korrekt weitergeleitet werden", erklärt Gruppenleiter Thomas Leonard. "Wir glauben, dass es ein konzeptionelles Missverständnis darüber gibt, was dazu nötig ist. Nur wenn man die Aktivierung an eine Membranoberfläche bindet, wo der aktivierende Ligand sowohl synthetisiert als auch abgebaut wird, und nicht durch die Freisetzung einer aktivierten Kinase, kann man die Anforderungen an die räumliche und zeitliche Kontrolle der Signalweiterleitung erfüllen".

Die Ergebnisse der Wissenschaftler:innen deuten darauf hin, dass die Aktivierung nachgeschalteter Kinasen durch PDK1, von denen viele nicht direkt durch Phosphoinositide reguliert werden, auch von PIP3 oder PI(3,4)P2 abhängig sein könnte. Da nun auch die Membran im Fokus steht, ergeben sich spannende Fragen zu ihrer Rolle bei diesen Prozessen, sind sich die Wissenschaftler:innen einig. "Es ist ziemlich intuitiv, dass eine Veränderung der Oberflächenchemie, der Fluidität oder der Lipidsättigung der Membran auch die Erkennung der eingebetteten Lipidbotenstoffe beeinflusst. Es wird interessant sein, genau zu verstehen, wie die Zusammensetzung der Membran zur Dimerisierung und schließlich zur Aktivierung von PDK1 beiträgt", folgert Thomas Leonard.

 

Originalveröffentlichung:

Aleksandra Levina, Kaelin D. Fleming, John E. Burke and Thomas A. Leonard: Activation of the essential kinase PDK1 by phosphoinositide-driven trans- autophosphorylation. Nature Communications 2022

https://doi.org/10.1038/s41467-022-29368-4