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Die Bühne gehört dir, DIDO!

Reorganisation des Genoms und Auftreten von H3K9me3-Chromozentren in menschlichen Zellen nach Entfernung der intrinsisch ungeordneten Region (IDR) von PHF3 (untere Reihe). (c) Dea Slade
Paraloge Proteine haben sich aus Gen- oder Genomverdopplungen entwickelt und können eine Versicherung gegen schädliche Mutationen darstellen. Der Grund für die Existenz einiger paraloger Proteine bleibt jedoch rätselhaft, da sie trotz ihrer homologen Funktionen erhebliche zelluläre Energieressourcen verbrauchen.

In einer neuen Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde, untersuchte die korrespondierende Autorin Dea Slade zusammen mit dem Erstautor Johannes Benedum und ihrem Team die paralogen Proteine PHD Finger Protein 3 (PHF3) und Death-inducer obliterator (DIDO). Sie fanden heraus, dass die Proteine gemeinsam die Genexpression regulieren und dass verblüffenderweise die transkriptionelle Hochregulierung von DIDO3 den Verlust von PHF3 ausgleichen kann. Kollaborationspartner sind das Zagrovic-Labor und das Akalin-Labor am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie.

Es ist bekannt, dass die paralogen Proteine DIDO3 und PHF3 eine Schlüsselrolle bei der Feinabstimmung der Genexpression, insbesondere der Transkriptionsverlängerung, spielen, aber welche Funktionen sie genau erfüllen und wie ist noch unbekannt. Beide Proteine beinhalten eine sogenannte SPOC-Domäne (Spen Paralogue and Orthologue C-terminal domain), die mit der C-terminalen Domäne der RNA-Polymerase II (Pol II) interagiert und eine Rolle bei der Transkriptionsverlängerung spielt. Die Deletion der SPOC-Domäne des menschlichen PHF3 führt zur Depression neuronaler Gene.

DIDO hat drei Isoformen, aber die SPOC-Domäne ist nur in DIDO3 vorhanden. In embryonalen Stammzellen unterstützt DIDO3 aktiv die Aufrechterhaltung des Stammzellstatus, während die Expression von DIDO1 den Prozess der Zelldifferenzierung einleitet. Interessanterweise beobachtete das Team von Dea Slade, dass DIDO3 in PHF3-Knockout-Zellen transkriptionell hochreguliert wird, während gleichzeitig DIDO1 herunterreguliert wird. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass DIDO3, nicht aber DIDO1, aufgrund seiner SPOC-Domäne in der Lage sein könnte, den Verlust von PHF3 zu kompensieren. „Dies scheint das erste Beispiel dafür zu sein, dass ein Isoformenwechsel als Kompensationsmechanismus dient", sagt Dea Slade.

Doch es gibt noch mehr hinter dem Vorhang: Wie PHF3 und DIDO während der Transkription zusammenwirken, war bisher unklar. Die Arbeit von Dea Slade und ihrem Team zeigt, dass beide Proteine über die gemeinsame Plattform Pol II einen makromolekularen Komplex zur Feinabstimmung der Genexpression bilden. Die Rolle von DIDO3 innerhalb des Komplexes besteht darin, Pol II am Chromatin zu verankern, während PHF3 Pol II mit RNA-Prozessierungsfaktoren verbindet. Ihre Ergebnisse zeigen, dass PHF3 und DIDO3 über ihre SPOC-Domänen die Transkriptionsmaschinerie mit Regulatoren verbinden können, die sowohl an Transkriptions- als auch an Co-Transkriptionsprozessen beteiligt sind.

Die Genexpression wird auch durch spezifische, sogenannte intrinsically disordered regions (IDRs) am C-Terminus von PHF3 und DIDO3 reguliert. Die Arbeiten von Dea Slade und ihrem Labor deuten darauf hin, dass IDR-Deletionen in PHF3 und DIDO3 zu einer Deregulierung der Transkription und einer Umstrukturierung des Genoms führen. „Wenn wir die IDR von PHF3 entfernen, sehen wir Chromozentren in den Zellen, was darauf hindeutet, dass die Herunterregulierung von Genen tatsächlich mit einer Zunahme von Heterochromatin einhergeht", erklärt Dea Slade. Chromozentren sind Kondensat-artige Regionen von Heterochromatin, die unter einem Fluoreszenzmikroskop als helle Foci sichtbar gemacht werden können. Während Chromozentren bereits in Mäusezellen beobachtet wurden, ist ihre Existenz in menschlichen Zellen bisher nicht dokumentiert worden. Die Ergebnisse des Teams deuten auf eine neue Rolle von PHF3 bei der Regulierung der Genomorganisation und der Bildung von Heterochromatin hin.  

Ein mechanistisches Verständnis von DIDO und PHF3 und ihrer jeweiligen Rolle bei der Genexpression muss noch weiter erforscht werden - eine Herausforderung, der sich das Labor von Dea Slade stellt. Zu diesem Zweck hat das Labor vor kurzem Fördermittel in Höhe von mehr als 400.000 € erhalten.

 

DOI: 10.1038/s41467-023-43724-y

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